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Der Rundfunkbeitrag und seine Legalität

Grundrechte und ihre als unverletzlich garantierte Geltung

Was ist das Thema?
Rundfunkbeiträge werden seit 2013 als Gebühr dafür erhoben, dass man in einer Wohnung lebt und auch wenn man die Programme von ARD/ZDF/Deutschlandradio nicht konsumieren will. Kommunale Verwaltung hilft mit, die Gebühren für die „unabhängige“ Rundfunkanstalt NDR beizutreiben, d. h. gegen Bürger zu vollstrecken. Dies geschah in Flensburg bis 2016 in über Tausend Fällen, ohne dass den Ratsgremien darüber berichtet wurde. Die erste Anfrage im Juni 2016 wurde stigmatisiert.

Was ist das Problem?
Die Beitreibung der Rundfunkbeiträge verletzt Grundrechte. Insbesondere wird ein absolut gefasstes, d. h. nicht einschränkungsfähiges Grundrecht verletzt, das Verwaltung eigentlich zu schützen hätte. Vorgespielt wird außerdem, die Rundfunkanstalt NDR oder deren Intendant*in seien eine „Behörde“, so dass kommunale Verwaltung „Amtshilfe“ leisten dürfe (vgl. Art. 35 Abs. 1 GG). Sobald der NDR als Behörde definiert wird, ist er nicht mehr sogenannter „unabhängiger“ öffentlich-rechtlicher Rundfunk, sondern Teil der Staatsräson, mithin Staatsfunk.
Bürger klagen über: Mangel an Ausgewogenheit in Berichterstattung und Programmangebot, abgeschmetterte Programmbeschwerden, Staatsparteien in den Rundfunkgremien, behördliche Strukturen mit hochdotierter Intendanz sowie Verschwendung von Gebühren, die noch dazu von privater Werbung aufgefangen wird, die eigentlich den privaten Anbietern zugute kommen müsste. Kurzum: Staatsräson.

Was ist die Konsequenz?
Die Zwangsvollstreckung für Rundfunkbeiträge dürfte von Grundgesetzes wegen nicht stattfinden, sobald die Verletzung von absolut gefasstem Freiheitsgrundrecht angezeigt wird, da gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gelten. Ein den Rundfunkbeitrag rechtfertigendes Gutachten hatte die Form der Wohnungsabgabe 2010 als „grundrechteschonend“ verharmlost.

Was gilt rechtlich ranghöchst?
Gemäß Normenhierarchie gilt hierzulande ranghöchst das Grundgesetz (GG), nach dem sich alle rangniederen Gesetze auszurichten haben. Die Grundrechte sind aufgrund historischer Erfahrung den Staatszielen vorgeordnet, etwa das Grundrecht der Informationsfreiheit oder auch Rezipientenfreiheit:

  • Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
    (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Grundgesetz)

Das bezeichnete Grundrecht besteht darin, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Rundfunkanstalten liefern solche allgemein zugänglichen Quellen. Das Grundrecht ist durch das Wort „ungehindert“(=frei) absolut gefasst, d. h. gesetzlich nicht einschränkungsfähig. Außerdem gilt das Grundrecht der Gewissensfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG. Das Gewissen ist frei, sich gegen die Ausübung staatlichen Zwangs zu stellen, insbesondere wenn die Verletzung des § 11 Rundfunkstaatsvertrag festgestellt werden kann. Soweit de jure.
De facto werden die ranghöchst geltenden Grundrechte nicht beachtet und teleologisch für das große Ganze ausgelegt, damit staatliche Beitreibung für die „unabhängige“ Rundfunkanstalt gelingt. Warum erfahren wir nur wenig über die Rundfunkmodelle unserer europäischen Nachbarn oder deren Sozialpolitik?

Was hat die Fraktion erarbeitet?
Unsere Fraktion kritisiert die Zwangsanwendung für freie Information, da sie ein Grundrechteeingriff ist und wir uns gemäß Art. 1 Abs. 3 GG dem Schutz der Grundrechte verpflichtet sehen.
Die Fraktion hat, nachdem die Zwangsvollstreckungen Mitte 2016 bekannt wurden und im Februar 2017 (bzw. Nov. 2016) und im März 2018 der Ratsversammlung Beschlussvorlagen vorgelegt wurden, weitere Anfragen an die Verwaltung gestellt, die mehr oder weniger beantwortet wurden. Die Anzahl der Zwangsvollstreckungen, die oft in sogar unangekündigten Kontopfändungssperren bestehen, konnte so annähernd ermittelt werden (vgl. Anfragen: AF-36/2021, AF-12/2022).

Was ist das Resultat?
Auf die Anfragen und Beschlussvorlagen hin wurde deutlich, dass die Zwangsvollstreckungen für den Rundfunkbeitrag Grundrechte verletzten. Die Institutionen im Lande decken die Beitreibung und wollen sie nicht erkennen; auch Richter nicht, wie ein Urteil in 2017 andeutete, bei dem das Grundrecht der Gleichheit, dass Bürger vor dem Gesetz gleich seien, als Staatsziel, dass alle gleich belastet werden dürften ausgelegt wurde. Inzwischen verstößt kommunale Kontopfändung auch gegen das Bestimmtheitsgebot, da sie weder die Gesetzesgrundlage für den Eingriff noch die Optionen, die Pfändung aufzuheben, anzeigt. Mit Grundrechteverletzungen trägt der Rundfunkbeitrag wesentlich zur Stabilisierung gesellschaftlicher Verhältnisse bei, indem im Wesentlichen und vorrangig nur Erwünschtes gesendet wird.

 Vertiefende Information gefällig?

2017 entstand aus der Primärquelle zum Grundgesetz: den Protokollen des Parlamentarischen Rates 1948-49 eine Ausarbeitung, an der gezeigt wird, dass das oben zitierte Grundrecht ein absolut gefasstes und daher durch kein Gesetz einschränkungsfähiges Grundrecht ist, was auch durch juristisch Auslegung in seinem Wesen unverbrüchlich gilt.
Die damalige Auseinandersetzung zu Rundfunkbeiträgen Flensburg 2016 bis 2018 ist ebenfalls archiviert.

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