Warum kandidierst Du für das OB-Amt?
MP: Es fehlt eine parteiunabhängige Bewerbung. Und: Es muss sich etwas ändern. Die Grundrechte müssen möglichst uneingeschränkt gelten. Pandemische Maßnahmen dürfen nur begründet und sollten einvernehmlich erfolgen. Weiter benötigen wir für die Stadt Zielsetzungen, auf die wir nachvollziehbar hinarbeiten. Wir haben Konflikte, z. B. am Hafen-Ost oder am Bahnhofswald.
Wirkst Du nicht bereits über ein Ratsmandat?
MP: In meiner Zeit als Ratsmitglied habe ich eine Kluft zwischen den Ratsmitgliedern und der Verwaltung bemerkt. Einige Erlebnisse, wie die Räumung der Harniskaispitze im Jahr 2016 oder die Enteignung zum Bau der K8 sowie die Fällung des Bahnhofswaldes haben zu diesem Eindruck geführt. Man fühlte sich vor vollendete Tatsachen gestellt bzw. ausgesperrt. Eine Abwägung und Beratung fanden nur ansatzweise statt. Das äußert sich auch im Verhältnis zwischen Oberbürgermeisterin und Bürgerinnen. Da besteht Misstrauen bis hin zur Wut, weil Bürger sich nicht gehört fühlen. Das ist eine Form von Krise der repräsentativen Demokratie. Die Ratsmitglieder repräsentieren den Souverän, „das Volk“, aber oft scheint es, als folgte die Ratsmehrheit nur Vorschlägen der Verwaltung, statt Alternativen abzuwägen. Ich meine: Die Interessen der Bürger*innen und der Stadtverwaltung bedingen einander. Falls sie einander widersprechen, müssen sie zu einem Kompromiss geführt werden. Auch dafür ist ein Oberbürgermeister da.
Ratsmitglieder sind Gäste im Rathaus, die auf Zuwendungen hoffen dürfen. Von Gesetzes wegen repräsentieren die Ratsmitglieder den Souverän. Hätten Ratsmitglieder stärkeres Rückgrat, hätte nach den von uns präsentierten amtlichen(!) „Pandemie“-Daten eine Debatte entbrennen müssen. Schlimmer noch: Oberbürgermeisterin und Verwaltung lieferten dazu unvollständige Berichte. – Als Fraktion allein können wir diesen Zustand nicht ändern. Meine Nominierung ist unser Angebot als Verein, die Situation zu verändern.
Was sind Deine Ziele?
MP: Da die Ratsversammlung die Ziele und Grundsätze festlegt (vgl. § 65 Gemeindeordnung S.-H.), muss ich die Frage über einen Umweg beantworten. Auch wenn das OB-Amt über 1.600 Verwaltungsfachkräfte leiten soll, ist es keine Feudalposition. Das OB-Amt hat die Ratsmitglieder, d. h. den Hauptausschuss als Dienstvorgesetzte (Stichwort: Gewaltenteilung). Es hat die Aufgabe, Beschlüsse vorzubereiten und nach Abstimmung mit und durch die Ratsversammlung dann umzusetzen. Bei allem Streit um die Ziele, muss die Sache im Vordergrund stehen und der Umgang mit anderen Meinungen von Respekt geprägt sein.
Sorgst Du Dich ums Klima?
MP: Ich sorge mich um die Umwelt insgesamt. Unter dem Eindruck von Waldsterben und Ozonloch habe ich meinen Führerschein erst gemacht, als ich ihn für die Ausbildung brauchte. Vorher und nachher bin ich stets Rad gefahren oder habe Mitfahrten gesucht, wenn Trampen nicht möglich war. Die Sorge um die Zerstörung von Natur war früher an Frieden gekoppelt. Jetzt aber erleben wir „Green“ ohne „Peace“. Rüstung ist das Gegenteil von Ressourcenschonung. „Grüne“ wollen mit Waffenlieferungen „siegen“. Umweltschutz dagegen ist stets konkret: Wir können Flächenversiegelung oder Artenrückgang kommunal messen und handeln. Der Glaube an „Klimawandel“ führt dagegen in Religion und Wahn.
Wenn wir in unserer Stadt die Umwelt bewahren wollen, sollten wir die Bürger dazu animieren, Wege ohne Pkws zurückzulegen. Das schafft man nicht, indem man nur breitere Radwege baut und dafür Bäume fällt. Wäre ein kostenfreier ÖPNV in Flensburg denkbar? Wie wäre es das Linien-Netz Stück für Stück weiter auszubauen, zu flexibilisieren und um grenzübergreifende Schnellbuslinien zu erweitern? Wir müssen Flensburg über seine Stadtgrenzen hinaus denken und den Großraum Pattburg - Harrislee - Flensburg - Handewitt und Glücksburg sinnvoll verknüpfen. Dazu muss ein Bewusstsein für die Region und die Bezüge und Abhängigkeiten des Umkreises zur Stadt geschaffen werden. Wir wollen Anziehungspunkt sein.
Warum bist Du nicht auf „sozialen Medien“ zu finden?
MP: Zum einen, weil mir unverbindlicher, knapper Austausch nicht liegt. Wahrscheinlich würde ich am nächsten Tag klüger antworten. Nachdenken und drüber schlafen hilft oft. Dort wird oft zu heiß gekocht und es herrschen Küchenchefs, die nicht bloß Beiträge löschen, sondern ganze Profile sperren. Wenn das jahrelang erarbeitete Profil eines US-Präsidenten gelöscht wird, dann wird Geschichte mit ausgelöscht. Wo willkürlich Schreib-Arbeit vernichtet wird, fehlt mir Vertrauen. Dann lernt auch niemand, wann die Grenze von Meinungsfreiheit erreicht ist und ab welchem Punkt sie verletzt wird. Solche „Medien“ sind keine verlässlichen Partner, sondern Konzerne, die feudalistisch verfahren. Wer dorthin Daten liefert, wird Ware.
Siehe auch:
Die Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl im Kurzinterview in der MoinMoin.
Vierkampf ums Flensburger Rathaus, erschienen am 07.09.2022.
Nachtrag wegen der Nachfrage: Antworten auf die Fragestellungen des SHZ.