zur Umbenennung der Friedrich-Ebert-Straße in „Straße der Volksabstimmung“
(Vorlage RV-14/2020 zzgl. 1. Ergänzung – Ratsversammlung am 27.02.2020)
[Nachtrag: 2. Ergänzung zu Friedrich Eberts „organisiertem Massenmord“]
Ratsversammlung vergibt Chance des demokratischen Aufbruchs
Mit der Umbenennung der zentralen Flensburger Verkehrsstraße hätte die Ratsversammlung das 100-jährige Jubiläum der friedlichen Entscheidung zur Grenzziehung zwischen Dänemark und Deutschland im Jahr 1920, an das dieses Jahr feierlich erinnert werden wird, zusätzlich würdigen können. Sie hätte wahr machen können, was – angeblich – auch gewollt ist: mehr Bürger*innen zu beteiligen bzw. „sie einzubinden“, indem die Umbenennung der Straße in „Straße der Volksabstimmung“ uns täglich erinnert hätte, dass nach Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Die Ratsversammlung hätte brechen können mit einem früheren Reichspräsidenten (Friedrich Ebert), der quasi als Ersatzkaiser mit Notverordnungen nach diktatorischem Ermessen sogenannte „Reichsexekutionen“ verfügte, die mit Militärgewalt in Länder wie Bayern (Mai 1919, 1.000 Tote, darunter viele Zivilisten), Sachsen und Thüringen (Oktober 1923) eingriffen, weil dortige SPD[sic!]-Landesregierungen unerwünscht entschieden. 1947 war bereits u. a. die Hindenburgstr. in Bahnhofstr. umbenannt worden und 2012 wurde eine nach einem Arzt benannte Straße wegen dessen Handeln im Nazi-Reich umbenannt.
Die andauernde Würdigung Eberts widerspricht der wissenschaftlich nachprüfbaren Aktenlage. Ebert hat ab 1919 einen von seinem Reichswehrminister Noske erlassenen, durch kein Recht gedeckten Erschießungsbefehl gegen die eigene Bevölkerung zugelassen, was er kraft Amtes hätte unterbinden müssen. Dieser Erschießungsbefehl war der Freibrief für die Freikorps, ohne Angst vor Strafe Menschen willkürlich zu ermorden. Soldaten der Freikorps entwickelten durch ihr brutales Morden 1919/1920 ein präfaschistisches Bewusstsein, Keim für die Zeit ab 1933, das heute wieder ansatzweise erkennbar ist, wenn Menschen ermordet werden (z. B. Hanau).
Zwar gedachte die Ratsversammlung formell der Opfer von Hanau, aber an der Person Ebert, die für „organisierten Massenmord“(SWR2) die Verantwortung trägt, wollen die Parteifraktionen auch weiterhin dogmatisch festhalten. Das Bewahren der Würdigung Eberts wurde mit Thesen wie z. B. einer 1923(!) aus Moskau drohenden Revolutionsgefahr gerechtfertigt; oder es wurde Ebert als Opfer dargestellt, weil „seine“ Straße schon einmal umbenannt worden sei. Bevor sich dazu weiter inhaltlich mit Eberts Handlungen auseinandergesetzt werden konnte, wurde die laufende Debatte nach insgesamt nur drei Redebeiträgen von den Parteifraktionen sicher¬heitshalber abgebrochen. Wer auch heute, nachdem Ebert vor genau 95 Jahren verstorben ist, die inhaltliche Befassung mit seinem Amtshandeln verweigert, lebt weiter rückschrittlich.